Berufsverkehr – öffentliche Verkehrsmittel in Berlin
14. Februar 2009 von admin
(ein nicht ganz ernst zu nehmender Erfahrungsbericht, den ich in 2005 schrieb)
Uuiiiii, schon so spät, jetzt aber ganz schnell los, sonst komme ich zu spät ins Büro.
Nach 10minütiger Autofahrt stelle ich „Park+Ride“ meinen kleinen Flitzer ab und haste die Treppe zur U-Bahn hinunter, wo der Zug gerade einfährt. Na bitte, sogar ein Plätzchen ist für mich frei. Auf dem Weg dorthin streife ich mit dem Mantel drei Schuhsohlen, die mir einladend entgegengestreckt sind – eine davon mit einem euro-großen Loch. Hauptsache bequem sitzen – nicht etwa auf dem Hintern – nein auf der Lendenwirbelsäule sitzt man heutzutage. Und damit man in dieser Stellung nicht beide Beine bis über den Gang legen muss, legt man eines davon aufs eigene Knie. Das ergibt eine schöne Ablage für eine aufgeschlagene Zeitung. Wenn man dies mit den beiden Beinen abwechselnd tut, bekommt man die Schuhsohlen wunderbar sauber.
Nun ja, ich sitze jedenfalls, wenn auch etwas beengt. Der junge Mann rechts neben mir ist so nett, mich an seiner Musik teilhaben zu lassen. Leider ist sein Walkman zu leise eingestellt, ich höre nur die lauten Bässe und das ist eindeutig unbefriedigend. Na, wenigstens hat er das Bein zur anderen Seite übergeschlagen, so dass ich nicht noch mehr Dreck von seinen Schuhsohlen wischen muss.
Der Mann links von mir sucht Körperkontakt…… mit breit geöffneten Knien, den Bauch vor sich auf dem Sitz platziert, drückt er permanent gegen meinen Schenkel…. puhhhh, Gott sei Dank ist es Winter. Im Sommer wäre das nicht auszuhalten, wenn er vielleicht in kurzen Hosen neben mir säße. (pssst: So ganz nebenbei würde mich natürlich interessieren, warum fast alle Männer – junge oder alte, dicke und dünne – sich auf diese Weise setzen oder ist diese Frage indiskret?)
Prima, an der nächsten Station steigt der junge Mann aus, er steht auf, ich rutsche ein wenig von dem drängenden Knie weg… endlich.
Aber nein, es wird voller als vorher, eine junge Frau ergattert den soeben frei gewordenen Platz. Bevor sie sich setzt, wird schwungvoll der Rucksack abgenommen. Achtung…beinahe hätte ich ihn ins Gesicht geschwungen bekommen. Aber ich bin ja gewappnet. Der Rucksack ist so groß, dass dies zierliche Persönchen ihn nicht allein bewältigen kann: also stellt sie ihn uns beiden auf den Schoß, kramt darin herum, und dann öffnet sie eine Thermoskanne, um sich den Frühstückskaffee einzuschenken, dazu kauend auf einem Brötchen. Guten Appetit…. ja es ist wirklich ein frisches Brötchen – ich merke es daran, dass mir bei jedem Bissen die Krümel um die Ohren fliegen.
Mir gegenüber sitzt eine hübsche und vor allem langhaarige junge Türkin, die sich in aller Akribie die Haare bürstet – du meine Güte, die sind mindestens einen Meter lang, einfach toll. Naja, der Dame neben ihr ist das nicht so angenehm, der fliegen dabei immer die fremden Haare über das Gesicht..
Menschenskinder, sei doch nicht so empfindlich, du warst doch auch einmal jung!
Ups, beinahe hätte ich das Aussteigen verpasst. Nun beginnt der Kampf zum Ausgang. Vorbei an einem 2-Meter-Mann, der mir nun wirklich einen Rucksack in mein Gesicht stößt als er sich abrupt umdreht. Im Büro muss ich gleich nachsehen, ob ich blute. Weh genug tut es. So langsam werde ich sauer, muss ich mich doch auch noch an einem dreckigen Fahrrad vorbei kämpfen. Warum fahren die nicht mit dem Rad, wenn sie schon eins dabei haben? Oder ob ich morgen meinen kleinen Flitzer auch mitnehmen kann in die U-Bahn?
Glücklich entronnen…. der Mantel hat einige Schmutzflecken, das Gesicht einen dicken Kratzer.. aber sonst bin ich heil angekommen und habe nun acht Stunden Zeit mich zu erholen.
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